Die Siebenbürger Sachsen haben zu Pfingsten 2023 wieder unter großer Publikumsbeteiligung und mit viel politischer Prominenz ihren jährlichen „Tag der Heimat“ im mittelfränkischen Dinkelsbühl gefeiert. 20.000 Besucher versammelten sich und am Festumzug nahmen 2700 Trachtenträger aller Altersgruppen teil. Der Verband zählt ca. 100.000 Mitglieder in Deutschland.
Die Gemeinschaft evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben ist im Vorstand des Bundesverbandes vertreten. Der Verein blickt zurück auf eine über 75jährige Geschichte seit seiner Gründung als Hilfskomitee – Gemeinschaft Evangelischer Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD e.V. im Jahr 1947. Dieses Jubiläum soll beim 36. Siebenbürgischen Kirchentag in Ingolstadt gefeiert werden, der nach 4 Jahren wieder vom 6. – 8. Oktober 2023 stattfindet.
Der Verein bringt als Beilage zur Siebenbürger Zeitung die Nachrichten „Kirche und Heimat“ heraus. Es erscheint ein Jahrbuch oder auch der „Siebenbürgisch-Sächsische Hauskalender“ in gemeinsamer Herausgeberschaft mit der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, verantwortet durch Prof. Berthold W. Köber, dem Vorstandsvorsitzenden der Gemeinschaft, ehemals Hilfskomitee. Prof. Köber ist Autor eines Beitrags zur Geschichte des Hilfskomitees aus Anlass des Gründungsjubiläums im aktuellen Jahrbuch „Menschenwege und Gottes Wege“, der vorab in „Kirche und Heimat“ in mehreren Teilen erschienen ist. Wir geben Auszüge über die Zeit seit 1989/90 wieder:
Der Umbruch 1989/1990 und seine Folgen für die Tätigkeit des Hilfskomitees
Der blutige Umsturz im Dezember 1989 in Rumänien hatte dramatische Folgen für unsere Heimatkirche wie für unser Volk. Innerhalb von wenigen Jahren wanderten über 95 Prozent unserer Gemeindeglieder vor allem nach Deutschland aus. Die neuentstandene Situation erforderte vom Hilfskomitee eine Intensivierung seiner Tätigkeit in bestimmten Arbeitsbereichen und eröffnete ihm zugleich neue Betätigungsfelder.
Bereits am 23. Dezember 1990, als die revolutionären Aktionen in Rumänien noch in vollem Gang waren, startete ein erster Konvoi mit Hilfsgütern nach Rumänien. Weitere zahlreiche Hilfssendungen zur Unterstützung der Heimatkirche und der Gemeinden sind im Laufe der Jahre auf den Weg gebracht worden.
Angesichts der immensen Zahl der nach Deutschland ausgewanderten Landsleute sah es das Hilfskomitee als besonders dringliche Aufgabe an, sie bei ihrer Integration in eine andere, wenig bekannte Gesellschaft und Kirche seelsorgerlich und diakonisch zu begleiten, Orientierung zu geben und durch Rat und Tat zu unterstützen.
Das geschah auf vielfache Weise. Einen besonderen Stellenwert haben dabei die zu in dieser Absicht veranstalteten Rüstzeiten und Tagungen sowie die Siebenbürgischen Kirchentage wie auch Advent- und Weihnachtsfeiern und Jubiläumsfeiern. Eine besondere Bedeutung kommt den unzähligen sog. Heimatgottesdiensten zu, die zumeist von ehemaligen siebenbürgischen Pfarrern gehalten werden. […]
Zusammenarbeit mit kirchlichen Institutionen
Das Hilfskomitee war 1947 unter dem Dach des „Hilfswerks der Evangelischen Kirche in Deutschland“, dem Vorläufer des späteren Diakonischen Werkes der EKD, gegründet worden. Innerhalb dieses Hilfswerks und später des Diakonischen Werkes (DW) entfaltete es seine Tätigkeit und wurde von ihm bis 1997 unterstützt. Seither sind wir ganz auf uns selbst gestellt. Das DW der EKD ist 2012 im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung (EWDE) aufgegangen.
Wir gehören dem „Konvent der ehemaligen evangelischen Ostkirchen“ an und beteiligen uns an dessen Arbeiten. Unser stellvertretender Vorsitzender, Pfr. i.R. Hans Schneider, ist seit vielen Jahren im Vorstand tätig. Wir sind auch Mitglied in der Evangelischen Konferenz für Mittel- und Osteuropa (EKMOE), im Badischen Ostkirchenkonvent wie auch im Württembergischen Konvent der zerstreuten Ostkirchen im DW der EKD. – Gemeinsam mit der EKR wirken wir am Deutschen Evangelischen Kirchentag mit.
Neues Verhältnis zur Heimatkirche
Durch das versöhnende Wirken des 1990 zum Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) gewählten Prof. D. Dr. Christoph Klein wurde ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen unserer Heimatkirche und dem Hilfskomitee wie auch dem Verband möglich. Bis heute ist eines der Hauptanliegen des Hilfskomitees, das Leben und die Probleme der Heimatkirche in Solidarität zu begleiten, ihre diakonischen, kulturellen und Bildungseinrichtungen sowie die in Rumänien verbliebenen, bedürftigen Gemeindeglieder ideell und materiell zu unterstützen.
Es finden ein regelmäßiger Austausch zwischen den Vertretern beider Institutionen sowie wechselseitige persönliche Besuche statt. Das Landeskonsistorium lädt den Vorsitzenden des Hilfskomitees zu den Landeskirchenversammlungen ein, während ein Vertreter der EKR regelmäßig an den Vorstandssitzungen des Hilfskomitees teilnimmt.
An den vom Hilfskomitee veranstalteten Siebenbürgischen Kirchentagen nehmen der Bischof und/oder andere hochrangige Vertreter der EKR und Gemeindeglieder teil. Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag unterhalten wir gemeinsam einen Stand. Wir beteiligen uns an besonderen Aktionen der EKR und unterstützen sie, wie etwa die Aktion zum 500-jährigen Reformationsjubiläum „Zwölf Apfelbäumchen für ein klares Wort“ oder „Gesichter – Grenzen – Geschwister“. Neuerdings werden grenzübergreifende gemeinsame digitale Gottesdienste gefeiert.
Das Hilfskomitee unterstützt besonders das Schülerheim in Hermannstadt und das Altenheim in Schweischer sowie verschiedene notwendige Baumaßnahmen der EKR. Auch beteiligt es sich personell und finanziell an der Aufrechterhaltung des geistlichen Dienstes unserer Heimatkirche durch Entsenden von pensionierten Geistlichen für Vertretungsdienste und übernimmt die Reise- und ggf. Aufenthaltskosten.
[…]
Unserer Tradition entsprechend und den veränderten Gegebenheiten Rechnung tragend, nennen wir uns seit 2011 „Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD– Hilfskomitee e.V.“
Auch unter veränderten Gegebenheiten entfaltet unsere Gemeinschaft ihre Tätigkeit in der bekannten Weise, die sich in ihrer doppelten Zielrichtung wie folgt zusammenfassen lässt:
1. Unterstützung unserer in Deutschland lebenden Landsleute bei ihrer Integration in die hiesige Gesellschaft und Kirche durch geistliche und seelsorgerliche Begleitung sowie durch Mithilfe bei Bewahrung, Pflege und Weitergabe unserer kirchlichen und kulturellen Überlieferungen und Werte;
2. Begleitung und Unterstützung unserer Heimatkirche in ihrem Leben und Wirken auf vielfache Weise.
[…]
nach: Siebenbürgische Zeitung online vom 25. August 2022