In der Partnerschaft der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) zu den beiden Propsteien der ELKER (Ev.-Lutherische Kirche im Europäischen Russland) an der Mittleren und Unteren Wolga hat sich im „Wolga-Beirat“ des Berliner Missionswerk ein Kreis von Pfarrer:innen bereit gefunden, um mit übersandten Predigten bei den Gottesdiensten dort auszuhelfen. Hier nun die Predigt von Justus Werdin für den Monat Juni und im Ausblick auf die Christlichen Begegnungstage in Frankfurt (Oder)-Słubice.
„Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ (Röm. 8, 39b)
Liebe Gemeinden in unseren Partnerpropsteien an der Mittleren und Unteren Wolga,
zu Beginn der Sonntage und Wochen nach Trinitatis möchten wir uns miteinander der wunderbaren Wege vergewissern, die uns mit jedem Tag aufs Neue anvertraut werden. Nachdem wir die hohen Christus-Feste gefeiert haben, sind wir nun dort angekommen, wo wir die Fülle des Glaubens feiern. So heißt es in dem alten Hymnus „Alta Trinita Beata“, der traditionell zu Trinitatis angestimmt wird: „Hohe, Heilige Dreifaltigkeit, von uns immer angebetet, glorreiche Dreifaltigkeit, wunderbare Einheit, du bist das köstliche und ersehnte Himmelsbrot“. In unserem Glaubensbekenntnis bekennen wir uns zu dem dreieinigen Gott. Er ist in drei Personen derselbe: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Jawohl, „denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit!“ (Röm. 11, 36).
Die Fülle seiner Gegenwart belebt alles, was ist und was geschieht, und ergießt sich durch glaubensvolles Gebet hinein in unsere tägliche Lebenskraft. Die „Trinität“, die „Dreieinigeit Gottes“, findet man in unseren Kirchen im Bildsymbol des gleichseitigen Dreiecks. Es zeigt uns die gleichen Beziehungen der drei Personen Gottes: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Es braucht ja nicht viel Lebenserfahrung, um zu erkennen, dass das gleichseitige Dreieck festen Halt bietet. Da wackelt nichts, wie sehr ich daran auch zerren mag. Und ein Schemel mit drei Füßen bietet einen sicheren Platz dort, wo wir gerade sind. Hier, im Glauben an den dreieinigen Gott finde ich Halt! Eine stabilere Statik gibt es nicht und braucht es auch nicht. Sie bietet mir Halt an jedem Ort und zu jeder Stunde, ganz gleich, wo auf meinem Lebensweg ich gerade bin. Es ist auch ganz gleich, ob es gerade Morgen oder Mittag ist, oder schon Abend oder längst Nacht. Wir brauchen uns nur für diesen Gedanken zu öffnen und dann werden wir uns sofort aller bewährter Lebens- und Glaubensgeschichten unserer Eltern und Großeltern erinnern, wie sie in unseren Familien weitererzählt werden. Und in diese Erinnerungen pflegen sich unsere je eigenen Erlebnisse samt allen vormaligen Fragen und dann den folgenden wunderbaren Fügungen und Bewährungen ein.
Mit dem Trinitatisfest und den darauffolgenden Sonntagen feiern wir die Fülle von Gottes Allgegenwart in Raum und Zeit. Im Verlauf des Jahreskrieses fügt es sich so, dass wir den Zenit durchschreiten. Im Früh-, Hoch- und dann im Spätsommer nutzen wir die Zeit, um „unser Haus zu bestellen“, also alles zu tun, was lebensdienlich ist und auch „aus der Not eine Tugend“ zu machen. Ja, ohne Furcht, die uns immer einmal zu lähmen versucht, schauen wir die Not an, die sich vor unseren Augen auftut, und fassen sie an, um sie abzuwenden und aus ihr, nun unschädlich gemacht, Nutzen zu gewinnen. Uns leiten dabei Fürsorge und Mühe, wie bei einem Bauern oder einem Gärtner, der Samen in das Erdreich einträgt und dieses dann pflegt und hegt und darauf vertraut, dass der „Segen des Himmels“ mit Sonnenschein und Regen das Wachstum anregt und bis zur Ernte der Früchte treibt. So verhält es sich im übertragenen Sinn mit allen notwendigen Tätigkeiten im Tagesverlauf: es braucht zuerst das eigene Vertrauen darauf, dass es gut wird. Und dann helfen Sinn und Verstand, Geschick und Geduld bis zum Erfolg. Und alles, was in der Liebe geschieht, wird am Ende gut, auch wenn es ein ganz anderes Ende nimmt, als wir zuvor gedacht hatten. Es ist so wunderbar: alles, was in Liebe getan wird, wird völlig unerwartet viel besser.
Liebe Gemeinde, was wir soeben miteinander bedacht haben, leitet uns auf den Pfad, der zum Grund unseres Lebens führt, dem ganz ursprünglichen Fundament. Unser Denken ist zu unvermögend, um die Dreieinigkeit Gottes zu erkennen in allem, was ist und was geschieht. Jedoch: sie schließt sich auf im Staunen über die wunderbaren Fügungen im Leben, die allein durch die Liebe geschehen. Die Liebe hat die Kraft, uns völlig überraschend Türen aufzutun, damit wir neue Wege wagen. Dazu nehmen wir Mut und Tatkraft als unsere täglichen Werkzeuge nicht nur für uns selbst in Gebrauch, sondern ebenso für alle, denen wir begegnen. Und je weiter wir auf den neuen Wegen schreiten, so wird es uns vorkommen, dass wir immer wieder wie am Anfang stehen. Das ist der Urgrund des Lebens: die Liebe Gottes zu uns. Die Briefe des Apostels Paulus wie aller Zeugen des Evangeliums von unserem Herrn Jesus Christus sind davon erfüllt.
In Frankfurt (Oder)-Słubice feiern wir am Wochenende zum 2. Sonntag nach Trinitatis die „Christlichen Begegnungstage“ mit unseren Partnern aus den lutherischen Diasporakirchen in Mittel-Osteuropa und bestärken uns unseres gemeinsamen Weges durch die Zeit: „Nichts kann uns trennen!“ Denn: wo wir uns auch hinwenden: Gott ist schon da! Er hat Seine Liebe überreich ausgeschüttet über die ganze Welt. Das soll und wird unsere Schritte bestärken, wenn wir den Spuren Seiner Liebe folgen. So wollen wir uns bereiten und im Glauben und Gottvertrauen fest werden für unseren Gang durch die Zeit, wo wir auch sind. Er ist und bleibt der Eine, der uns mit sich und mit uns vereint. Amen.