Die Redaktion hat im Vorfeld der Europawahl am 9. Juni 2024 die Vorsitzenden der Hilfskomitees gefragt, was sie mit Europa verbinden. Hier die Antworten von Christfried Boelter, Vorsitzender der Gemeinschaft Evangelischer Posener e.V.
Was bedeutet Europa für unser Hilfskomitee?
Ab 1975 war ich Gemeindepfarrer in der Thüringischen Rhön, meine erste Stelle als Pfarrer im Sperrgebiet direkt an der Grenze zwischen Bayern und Hessen und damit direkt am Eisernen Vorhang, der Europa in West und Ost geteilt hat. Nirgends sonst in Europa war die Teilung des Kontinents spürbarer als an der innerdeutschen Grenze, die im DDR-Sprachgebrauch nie so genannt werden durfte.
Umso begeisterter waren wir Leute an der Grenze mit unseren Erfahrungen, als durch die Friedliche Revolution die Wiedervereinigung Deutschlands möglich und der Weg frei wurde für ein vereintes Europa. Flucht und Vertreibung waren Tabuthemen in der DDR. Mit der politischen Wende ergaben sich neue Möglichkeiten, dieses Thema zu entdecken und zu bearbeiten. Ich wusste zwar, dass mein Vater einst Pfarrer in Posen war, wusste aber bis dahin wenig von den ab 1946 in den Westzonen gegründeten Hilfskomitees. Anfang der neunziger Jahre wurde ich für die Gemeinschaft Evangelischer Posener geworben und bin nun seit fast 30 Jahren der Vorsitzende der Gemeinschaft. Es war das Europathema, was mich bei diesem Engagement besonders motiviert hat. Versöhnungsarbeit als christlicher Auftrag, ein wichtiger Baustein für ein friedliches Europa. Und das war Leitmotiv auch für die Gemeinschaft Evangelischer Posener und den Aufbau von guten Beziehungen zur Evangelisch-Augsburgischen Gemeinde in Posen. Von materieller Unterstützung zu Verständigung und Versöhnung.
Ein jüngstes Beispiel für den Neuanfang, der auch in Europa immer wieder nötig ist, hat die Gemeinschaft Evangelischer Posener in ihrer letzten Vorstandswahl geliefert, indem sie als neuen stellvertretenden Vorsitzenden einen polnischen Staatsbürger aus dem Posener Land gewählt hat. Das steht für die gemeinsame Verantwortung für die deutsch-polnische Geschichte und die fortlaufend notwendige Versöhnungsarbeit.
Was erhoffe ich mir von den Wahlen am 9. Juni 2024?
Die Hoffnungen im Blick auf die Wahlen am 9. Juni konzentrieren sich darauf, dass es gelingen möge in Europa wieder Frieden zu stiften. Die Anstrengungen der Parlamentarier dürfen nicht nachlassen, die positiven Ansätze zu unterstützen und sich gegen Ausgrenzung, Menschenverachtung und Diskriminierung stark machen.