Eine spannende Reise auf den Spuren der Vorfahren.
Bericht von Erika Wiener und Viktor Fritz
Am 30. Mai 2024 kamen der Rumänische Honorarkonsul Edson Roberto Dreher mit seiner Frau Carlise und seinen Kindern Arthur und Camille aus Rua Sao Paulo, Centro Ipora do Oeste – SC nach Deutschland und waren hierzulande bis zum 6. Juni unterwegs.
Familie Dreher traf aus Rumänien, wo sie davor unterwegs war, in Frankfurt/Main ein und wurde von Viktor Fritz vom Flughafen abgeholt. Unterwegs vom Flughafen waren die Orte Saarbrücken und Völklingen, woher Carlises Schneider-Dreher Urgroßvater Michael Schneider 1919 nach Brasilien auswanderte, die ersten Ziele auf den Spuren der Vorfahren. Danach ging die Reise über Frankreichs schöne elsässische Landschaft mit einem Zwischenhalt an der Citadelle de Bitche nach Baden-Württemberg.
Am zweiten Tag ging es nach Sonnenbühl-Erpfingen. Aus diesem Ort wanderte 1817 Johann Michael Dreher, Vorfahren von Edson Roberto Dreher, nach Bessarabien aus und war einer der Gründer des Dorfes Teplitz. Im Wandel der Zeit wanderten einige Menschen der nachkommenden Generationen nach Südbrasilien aus, darunter Edsons Urgroßeltern Gotthilf Dreher und Barbara Dreher, geb. Schuh, im Jahr 1930 nach Porto Feliz, heute Mondaí im Bundesstaat Santa Catarina.
Eine besondere Freude war es, dass der Bürgermeister von Sonnenbühl, Herr Uwe Morgenstern, seine Termine verschob, um den Gast aus dem fernen Brasilien begrüßen zu können. Er führte die spurensuchende Familie durch Erpfingen und zeigte einige Häuser von Drehers Vorfahren. So kamen sie auch zum Hof und Haus der Vorfahren von Edson, das außerhalb der Ortschaft umringt mit Ackerfeldern momentan leer steht. In der Gemeinschaftsbäckerei des Dorfes stellte der Bürgermeister die Bäckerin Martha vor und es hat sich herausgestellt, dass sie auch von der Familie Dreher abstammt und mit Edson weitgehend verwandt ist. Das emotionale Verständnis zwischen der Familie und dem Bürgermeister war überraschend hoch, so dass Familie Dreher zum Termin für Gratulation eines „eisernen Hochzeitspaares“ mitgenommen wurde und aus der ursprünglich 45-minütig geplanten Begrüßung ein 3-stündiges Gespräch mit Dorf-Begleitung wurde. Marthas Bruder. Richard Betz, beschäftigt sich mit Familienforschung und wurde auch spontan zu den Jubilaren ins Haus eingeladen. Er kam mit Unterlagen seines einseitigen Stammbaumes und hat zusammen mit Edson Dreher die ihm fehlende Zweige der ausgewanderten Familien gefunden bzw. Edson hat von Richard die fehlenden Informationen der in Sonnenbühl heimischen Familien erhalten. Über die spontane Zusammenkunft waren alle überglücklich. Nun war das Interesse des Bürgermeisters an den Bessarabern geweckt worden. Spontan ließ er sich daraufhin zum Bundestreffen am 2. Juni nach Stuttgart Bad Cannstatt einladen.
Nach diesem sehr ereignisreichen und bewegenden Tag in Sonnenbühl-Erpfingen war am Samstag, 1. Juni, ein Empfang im Heimathaus geplant, zu dem sich Mitglieder des Bundesvorstandes, Mitarbeiter des Hauses und Helfer für das Bundestreffen einfanden. Dr. Hugo Knöll, als Cousin 3. Grades, lernte Edson Dreher im Heimathaus kennen und freute sich sehr, ihn dort begrüßen zu können.
Nach der offiziellen Begrüßung durch die Bundesvorsitzende, Brigitte Bornemann, die auch Gäste aus den USA willkommen heißen konnte, begab sich die illustre Gesellschaft in das neu gestaltete Museum. Die Führung übernahmen der Kurator Olaf Schulze und unser Bundesgeschäftsführer Dr. Hartmut Knopp. Bewegend war für Drehers auch das Kennenlernen einer weiteren weitläufigen Cousine, Lore Oelke mit ihrem Mann Dieter aus Weimar. Lore Oelke hatte Edson Dreher über Facebook ausfindig gemacht und so waren beide sehr gespannt auf den ersten persönlichen Kontakt.
Und am Abend traf sich die Reisegruppe „Brasilien 2019“ mit Drehers im Hotel. Das war für alle Teilnehmenden eine große Freude, bei der viele Reiseerlebnisse von 2019 erinnernd ausgetauscht wurden.
Der eigentliche Höhepunkt des Deutschland-Besuches sollte das Bundestreffen am 2. Juni in Stuttgart Bad Cannstatt sein. Zum Bundestreffen waren wieder viele Gäste aus der Bundesrepublik, aus der Ukraine und Moldau sowie aus den USA angereist. Als Ehrengast hielt Edson Dreher, als Rumänischer Honorarkonsul, ein Grußwort. Und ein Geschenk besonderer Art erhielt Edson Dreher von der Ukrainerin Tatjana Borona. Sie überreichte ihm ein Säckchen Erde aus Teplitz. Das rührte ihn zu Tränen.
Zu einer Deutschlandreise gehört natürlich auch ein Besuch in Berlin. Dort wurden Drehers am Abend (2.6.) von Prof. Dr. Dieter Großhans (einem Reiseteilnehmer der Brasilienreise 2019) empfangen. Der Aufenthalt in Berlin mit einer Stadtrundfahrt, auf der alle sehenswerten Plätze Berlins angefahren wurden, wurde für die brasilianischen Gäste zu einem unvergesslichen Tag. Am 4.6. ging für Drehers die Reise im Auto mit Viktor weiter nach Lüneburg. Dort wurden sie von Erika Wiener empfangen. Lüneburg, eine sehr gut erhaltene mittelalterliche Stadt, ist durch die Filmserie „Rote Rosen“ vielen Menschen bekannt geworden. Die Nachtwache in historischem Kostüm führte die kleine Reisegruppe durch die mittelalterlichen engen Straßen. Dies war besonders für die Kinder Arthur und Camille eine besondere Freude, weil der Stadtführer sie in viele Aktivitäten einbezog. Beide Kinder sprechen wenig Deutsch und waren für die englischen Erklärungen sehr dankbar. (…) Die Bahnfahrt zum Besuch des Auswanderermuseums in Hamburg-Veddel, die „Ballinstadt“, war für die Familie, besonders aber für die Kinder, eine neue Erfahrung. Denn in Brasilien gibt es diese Reisemöglichkeit nicht. Von Hamburg fuhren die Urgroßeltern Gotthilf Dreher und Barbara Schuh, beide in Teplitz Bessarabien geboren, lt. Schiffspassage am 27.3. 1930 nach Rio de Janeiro, und am 16.4.1930 weiter nach Rio Grande do Sul (Brasilien) aus. Später ging es dann nach Porto Feliz- heute Mondai.
Die Ballinstadt ist ein historischer Ort, von dem Tausende Menschen im 19. und 20. Jahrhundert nach Übersee ausgewandert sind. Die Besonderheit dieses Ortes ist die ‚kleine Stadt‘, damals vor den Toren Hamburgs, mit einer Infrastruktur, wie einem kleinen Krankenhaus, Geschäfte und Unterkünfte für die Auswanderer. Auch dieser Besuch war für Drehers ein besonderes Erlebnis, denn sie waren dort, von wo aus ihre Vorfahren Deutschland und Europa verließen. Selbst der letzte Tag gestaltete sich bis zur letzten Stunde „spannend“. Denn, der ICE von Hamburg nach Frankfurt/ Flughafen hatte 4 Stunden Verspätung, so dass sie ihren Rückflug nach Brasilien noch in den letzten Minuten erreichten. So war die Reise nach Deutschland für Drehers von der ersten bis zur letzten Minute interessant, aufregend und spannend.
nach: Mitteilungsblatt des Bessarabiendeutschen Vereins e.V., 79. Jahrgang, Heft 8 im August 2024
Bildunterschriften:
1. Familie Dreher mit Bürgermeister Uwe Morgenstern auf Ahnenspuren in Sonnenbühl-Erpfingen
2. Richard und Edson, verwandte Ahnenforscher, sind überglücklich vom Ergebnis der spontanen Begegnung
3. Dieter Großhans zeigt uns die Hauptstadt Berlin