Waldemar Pytel, Bischof der Diözese Wrocłаw der Ev.-Augsburgischen Kirche Polens und Co-Gastgeber der Christlichen Begegnungstage in Frankfurt (Oder) – Słubice singt von der Empore der Friedenskirche zu Schweidnitz sein ausgewähltes Weihnachtslied und schreibt uns dazu:
Im polnischen evangelischen Gesangbuch haben wir insgesamt (!) 59 Advents- und Weihnachtslieder unterschiedlicher Traditionen und aus aller Herren Länder.
Schön, fröhlich und melancholisch sind die polnischen Weihnachtslieder. Ich wurde gebeten, ein Lied auszuwählen, das mir am liebsten ist. Das ist eine unerhört schwere Entscheidung, denn zum Heiligen Abend singen wir in unserem Haus alle Lieder. Jedes einzelne hat dieses „gewisse Etwas” in sich… Schließlich habe ich interessanterweise kein traditionelles polnisches Lied ausgewählt, sondern ein englisches Weihnachtslied lateinischer Sprache, das wir auf Polnisch singen: Adeste fideles – Herbei o ihr Gläubigen. Ich singe, summe und höre dieses Lied gerne. Über die Jahrzehnte meines Dienstes in der Friedenskirche zu Schweidnitz singen wir es mehrmals zwischen Weihnachten und dem Epiphanias-Fest im Gottesdienst.
Nicht nur die Melodie nimmt mich ein – lebendig, würdig, melodisch. Nein, die Worte sind mir nahe. Der Text ruft zur Eile nach Bethlehem auf, um dem neu geborenen König, dem Jesuskind, die Ehre zu erweisen. Die Hirten erhalten die Botschaft von den Engeln und folgen der Aufforderung und eilen im Lauf nach Bethlehem. Das ist ein Bild großer Energie, Dynamik, vieler positiver Emotionen. Laufen verbindet sich mit Schnelligkeit. Im Kontext von Betlehem rührt die Tatsache, dass die Hirten laufen, ja rennen, um den Erlöser zu sehen. Sie sind so gerührt, so begeistert, dass sie alles stehen lassen und in großer Erregung so schnell sie können zu Jesus laufen.
Das Lied ist voller Freude und Triumph, es unterstreicht das Wunder der Geburt Christi. Der Refrain „O lasset uns anbeten” drückt den universellen Wunsch aus dem Erlöser die Ehre zu erweisen. „Lasset uns anbeten“ bedeutet wörtlich: „Du bist mein Herr. Ich möchte Dir dienen. Dein Wille geschehe“. Wenn ich also singe „O lasset uns anbeten”, bin ich dann wirklich bereit seinen Willen anzunehmen, der in Betlehem geboren wurde? Ist dieser tatsächlich unser Herr, vor dem wir auf die Knie fallen?
Dieses Lied weckt in mir viele Gedanken und Fragen. Wenn wir also mit unseren Familien zusammen Weihnachten feiern und gemeinsam singen oder während der Gottesdienste in der Kirche – denken wir über den Sinn dessen nach, was wir singen! Möge das festliche Singen der Weihnachtslieder Gottes Liebe, Frieden, Nähe, Kraft und Erlösung in unsere Häuser bringen!