(Erinnerungen eines schlesischen Fürsten), Fundacja Księżnej Daisy von Pless, Wałbrzych, 2022, 279 S.
Besprechung von Justus Werdin
Bolko, 6. Fürst von Pless, Graf von Hochberg, Freiherr von Fürstenstein hat darauf Wert gelegt, dass seine Biografie, reich an familiengeschichtlichen Erzählungen, auf Polnisch erscheint: „Dieses Buch richtet sich hauptsächlich an die polnischen Leser, denn in Polen befinden sich unsere früheren Häuser, das heutige Schloss Fürstenstein in Waldenburg sowie das Schloss in Pless. …“ Er selbst erkundete die Regionen seiner Vorfahren als Reisender nach Polen seit 1976. Ganz aufschlussreich und völlig unprätentiös gibt er ein umfängliches Lebenszeugnis und hebt dabei die entstandenen Freundschaften zu den örtlichen Akteuren als Grundlage für alle Arbeit für Verständigung und Bewahrung des bis heute prägenden Kulturerbes hervor. Dabei finden nicht nur die Schlösser Erwähnung, sondern ebenso die Kurbäder, die ununterbrochen beliebte Touristenmagnete sind. Die Grafen von Hochberg waren als Kirchenpatrone der ansässigen lutherischen und katholischen Gemeinden nicht zuletzt auch für die Friedenskirchen in Świdnica/Schweidnitz und Jawor/Jauer zuständig. Der wirtschaftliche Aufschwung Mitte des 19. Jahrhunderts unter seinem Urgroßvater Fürst Hans Heinrich XI. wird ebenso gewürdigt. Da finden sich u. a. Hinweise auf das von ihm initiierte Pless-Horn für die Jagdgenossenschaften und die Ertüchtigung der Brauerei Tychy/Tichau, deren Bier bspw. zur Einweihung des Eiffel-Turms 1889 in Paris ausschließlich ausgereicht wurde. Die Umwälzungen im 20. Jahrhundert sowie die geradezu fußläufigen Anfänge, um nach den Verheerungen des II. Weltkriegs in Schlesien wieder Kontakte zu suchen und zu pflegen, werden beeindruckend ehrlich beschrieben.
Die Stiftung Fürstin Daisy von Pless hat als Herausgeberin in vielen Anmerkungen Hinweise zu den erwähnten Personen gegeben und einen vollständigen Stammbaum der Grafenfamilie von Hochberg im Anhang veröffentlicht.
Mit seiner Biografie hat Bolko Fürst von Pless ein überaus beeindruckendes Lebenszeugnis gegeben. Das wird für die Weiterarbeit für Verständigung und Pflege der gemeinsamen Kultur immer ein wichtiger Bezugspunkt sein. Zur öffentlichen Präsentation seines Buches auf Schloss Fürstenstein Ende Juni 2022 hat er online folgenden Gruß gesandt:
„Sehr geehrte Damen und Herren!… Wenn ich zurück denke an meine Reisen nach Schlesien, so fällt mir auf, dass es immer wieder Einzelbegegnungen waren, die (seit 1976) prägend auf mich einwirkten.“ Nach der Begrüßung der einzelnen Weggenoss:innen fährt er fort: „Sie alle sind angesprochen, wenn ich von den Aufgaben einer schlesischen alten Familie spreche. Diese sind: mitzuhelfen bei der Schaffung einer friedlichen Nachbarschaft der Völker mit Freiheit und Frieden, und dies in Europa zu sichern und zu wahren. So wie mein Urgroßvater Hans Heinrich XI., zweiter Fürst von Pless, den sozialen Frieden erst auf seinen Gebieten, später im ganzen Deutschen Kaiserreich begründete und festlegte. Heute, glaube ich, ist es dieses um sehr viel mehr. Es geht um den Frieden in ganz Europa, die Sicherheit der Grenzen und die Wahrung der Menschenrechte. Auch wir müssen dafür kämpfen. Gott schütze uns!“
Bolko Fürst von Pless starb wenige Wochen darauf am 27. August 2022 an seinem Wohnort in München.
Hoffentlich kann seine Biografie auch den deutschen Leser:innen bekanntgemacht werden!
Anmerkung der Redaktion: In der Zeitschrift Schlesien heute werden in einer Serie Auszüge aus dem Buch auf Deutsch abgedruckt. Informationen: https://www.schlesien-heute.de/
Die Städte Waldenburg/Walbrzych und Pless/Pszczyna begehn 2023 als Daisy-Jahr mit vielen Sonderveranstaltungen. Wir empfehlen die Nachrichten unter SILESIA-Newsletter der Kulturreferate für Schlesien an den Museen in Görlitz und Ratingen für weitere Informationen.