„Morgenstern auf finstre Nacht“ – Vom spirituellen Hintergrund des Herrnhuter Sterns

Pfarrerin Benigna Carstens, Evangelische Brüder-Unität – Herrnhuter Brüdergemeine. Direktion Gemeinden Deutschland Losungen Diakonie

Es ist Heiliger Abend, die Familien drängen sich im Kirchensaal. Die Weihnachtsbotschaft ist gespielt oder gelesen. Nur die Kerzen am Weihnachtsbaum brennen. Dann öffnen sich die Türen zu den Nebenräumen des Saales. Die Türen sozusagen von Bethlehems Stall! Dahinter Licht, viel Licht, ein Meer von Kerzen, die gleich zu uns getragen werden. Beim emotionalen Höhepunkt von Weihnachten singen wir vom Morgenstern Jesus, der die Dunkelheit aus unseren Herzen vertreibt. Mit der Kerze in unseren Händen nehmen wir dann Jesus symbolisch mit nach Hause ins Weihnachtszimmer.

Seit den 40er Jahren des 18. Jahrhunderts feiert die Brüdergemeine dieses kleine Ritual in der Kinderchristnacht, inzwischen meist für Groß und Klein. Hier haben die Herrnhuter Sterne ihren inneren Ursprung. Erfunden wurde der Adventsstern im 19. Jahrhundert und zunächst schlicht als geometrische Übung im Mathematikunterricht einer Schule der Brüdergemeine. Später wurden überall Sterne gebastelt: in Schulen, Familien und Gemeinden. Dass der Stern von innen leuchten kann, ist dabei vielleicht das Geheimnis seiner Symbolkraft. Von seinem Ursprung her ist der Herrnhuter Stern deshalb nicht einfach ein Hinweis auf den Stern von Bethlehem, dem die Weisen nach Matthäus 2 folgten, sondern ein Symbol für Jesus selbst. Und auch nicht nur ein Symbol für das „Jesuslein“, das Kind in der Krippe, sondern Hinweis auf Jesus, der kommt, wie in 2. Petrus 19: Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen.

Vielleicht ist es kein Wunder, dass die Herrnhuter Sterne gerade in der noch jungen albanischen Brüdergemeine beliebt sind. Schwester Dena Grillo Fortuzi, die erste ordinierte Pfarrerin der Brüdergemeine in Albanien, schreibt: „Durch den kommunistischen Stern war man in Albanien schon vor den 90er Jahren mit der Sternsymbolik vertraut. Aber erst, als nach dem Fall des kommunistischen Regimes die Verkündigung des Evangeliums wieder erlaubt war, konnte Jesus Christus den Menschen als Licht, das in die Dunkelheit scheint, nahegebracht werden. Da kam LICHT in das Land und der Stern repräsentierte endlich das Licht Jesu.

Die lutherische Brüder-Unität in Albanien (Moravian Church in Albaniabegann ihre Arbeit 1993 in Tirana als Teil dieses Lichtes, das Tag für Tag hineinstrahlt in andere Großstädte und kleinere Orte des Landes. Gegenwärtig haben wir sechs Gemeinden, und in jeder von ihnen leuchtet der Herrnhuter Stern als Symbol für das Licht Christi – während der Advents- und Weihnachtszeit, aber nicht nur. Manche Gemeinden lassen den Stern das ganze Jahr über hängen, als Symbol dessen, dass es keine Finsternis gibt, die dem Ort Schaden zufügen kann, an dem das Licht unseres Herrn scheint. Jesus ist das Licht für die Welt – mit diesen Worten eröffnen wir meist unsere Gottesdienste und andere Treffen in der Advents- und Weihnachtszeit.“ 

Noch singen die albanischen Christinnen übrigens Schefflers Lied vom Morgenstern zu Weihnachten nur ab und zu in einer englischen Übersetzung. Aber die Kirche plant ein eigenes Gesangbuch. Dann wird in Tirana und in den anderen Gemeinden in Albanien voraussichtlich auch auf Albanisch erklingen:

„Morgenstern auf finstre Nacht, der die Welt voll Freude macht, Jesulein, komm herein, leucht in meines Herzens Schrein.“