Aufbruch. Netz. Erinnerung. 300 Jahre Herrnhut 

Im Jahr 2022 feierte die Stadt Herrnhut ihr 300jähriges Jubiläum. Unter dem Titel „Aufbruch.Netz.Erinnerung – 300 Jahre Herrnhut“ zeigte das Herrnhuter Völkerkundemuseum im Jubiläumsjahr eine große Sonderausstellung, die ebenso wie der dazu erschienene Begleitband ein Gemeinschaftswerk von Brüdergemeine, Heimatmuseum der Stadt, Unitätsarchiv und Völkerkundemuseum darstellt. Dabei handelt es sich nicht um einen klassischen Ausstellungskatalog, sondern eine Aufsatzsammlung zum Phänomen Herrnhut. Im ersten Teil stellen sieben chronologische Beiträge die historische Entwicklung vom Anfang der Siedlung bis ins Jahr 2022 dar. Darauf folgen 39 kürzere Beiträge im Stil einer Enzyklopädie der Stadt zu allen relevanten Einrichtungen, Stätten und Aspekten des städtischen, gesellschaftlichen und religiösen Lebens. Der reich bebilderte und sorgsam edierte Band im Format A4 (300 Seiten) bietet darüber hinaus im Anhang wichtiges Kartenmaterial, eine Chronologie, Literaturverzeichnis, Personenregister und Abbildungsverzeichnis. Das Buch löst damit das Standardwerk zur Geschichte der Stadt von Theodor Bechler aus dem Jahr 1922 ab. 

Natürlich gibt es auch einen Beitrag zum „Herrnhuter Stern“, verfasst von Peter Vogt.
Hier lesen wir zu seinen Ursprüngen: „Wir wissen nicht, wer den Herrnhuter Stern erfunden hat, aber die Entstehung des Sternebastelns ist eng verbunden mit den Herrnhuter Schulen. Der älteste Beleg für die Konstruktion eines dreidimensionalen Sterns findet sich im Tagebuch eines Schülers in Niesky, wo am 27. Dezember 1820 davon die Rede ist, dass sie sich „den Stern im Brüderhaus besahen“. [.. ] Eine weitere Spur führt in die Knabenanstalt Kleinwelka, wo das Sternebasteln in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts belegt ist. Offensichtlich dient hier und in anderen Herrnhuter Schulen das Sternebasteln zur anschaulichen Unterweisung im Fach Geometrie und wurde zugleich als Vorbereitung für Weihnachten praktiziert.“ (S. 210) Der Stern kommt dabei in unterschiedlichen Konstruktionen vor: mit 50, 64, 110 oder 146 Zacken. So ein großer Stern hing nachweislich zum ersten Mal im Kirchensaal der Brüdergemeine zu Herrnhut im Jahr 1891.
Wir lesen weiter: „Die industrielle Fertigung von Herrnhuter Sternen begann am Ende des 19. Jahrhunderts, als der Herrnhuter Buch- und Musikalienhändler Peter Hendrik Verbeck (1863-1935) einen zusammengesetzten Herrnhuter Stern mit Blechkörper entwickelte und damit in Produktion ging. “ Hier beginnt eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte, die heute in der Stadt Herrnhut durch die GmbH Herrnhuter Sterne Manufaktur fortgeschrieben wird. Zu DDR-Zeiten gelang es der Brüder-Unität, die Sterneproduktion als kircheneigenen Betrieb zu übernehmen. Bis heute wird der 25-zackige „Original Herrnhuter Stern“ in Handarbeit hergestellt.

Aufbruch. Netz. Erinnerung. 300 Jahre Herrnhut, herausgegeben von Konrad Fischer und Peter Vogt in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und dem Unitätsarchiv Herrnhut.  ISBN 978-3-00-073422-9 (Preis im Buchhandel: 30 Euro)

P.S. Besonders beliebt sind im Handel die Sondereditionen. Herrnhut liegt in der Oberlausitz. Als Verweis auf den Ursprung in der Region entstand im Jahr 2021 erstmalig die Edition Oberlausitz in den Farben Blau-Gelb. Als ich diesen Stern 2022 in den Geschäftsauslagen sah, assoziierte ich die Farbgebung mit der Ukraine, deren Flagge aufgrund des Krieges und der vielen Geflüchteten in Deutschland ständig präsent war. Als ich einer ukrainischen Bekannten diesen Stern zu Weihnachten schenkte, war sie tief berührt. Sie sah ihn als Zeichen der Solidarität mit ihrem Land.

(AmF)