Prof. Dr. Miriam Rose, Professorin für Systematische Theologie/Dogmatik an der Universität Basel (seit 1. August 2024, vorher Jena). Aus Anlass der Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa GEKE in Hermannstadt / Sibiu vom 27.08. – 02.09.2024 hat die Redaktion sie um ein geistiges Wort für diese OKI-Ausgabe gebeten. Prof. Rose ist Mitglied im Präsidium der GEKE.
Hoffnung ist schwierig, daher ist sie auch eine Berufung. Warum ist Hoffnung schwierig? Wer Anteil nimmt am Leben anderer Menschen, ja vielleicht auch anderer Lebewesen, dem wird das Herz voll. Voller Geschichten, auch voll Kummer über Verpasstes, nicht mehr Heilbares oder bereits Verabschiedetes. Wer Anteil nimmt am Lebendigen, den können die realen Zukunftsprognosen für unsere Erde erschrecken. Fröhlicher Optimismus ist dann eine Illusion, mit der wir uns in uns selbst verschließen, Zynismus oder Resignation liegen nah.
Hoffnung ist schwierig, daher ist sie auch eine Berufung. Wofür brauchen wir sie? Wir brauchen sie, um uns nicht abzufinden mit dem, was ungerecht ist. Wir brauchen sie, um nicht trauriger zu werden als die, denen wir unsere Unterstützung schenken wollen. Wir brauchen Hoffnung, um das eigene Leben nicht zu reduzieren auf genussvolle Momente.
Hoffnung ist schwierig, daher ist sie unsere christliche Berufung. Hoffnung richtet sich darauf, dass Gott neue Möglichkeiten eröffnet, die nicht vorhersehbar oder erwartbar waren. Hoffnung nährt sich daraus, auf Gottes kreative Liebe zu vertrauen, für uns selbst und für die ganze Erde.
Gottes kreative Liebe: das ist nicht nur eine schöne Idee oder eine hilfreiche Illusion. Gottes kreative Liebe begegnet uns im Leben von Jesus von Nazareth. Wir werden von ihr bewegt, wann immer wir uns durch das Evangelium ansprechen lassen. Wir glauben an sie, wann immer wir uns in Christi Sterben, Tod und Auferstehen vertiefen.
Hoffnung: das ist ein Gefühl von zarter Kraft. Das ist ein Gefühl von geheimnisvoller Wärme im Innern. Das spüre ich, wenn ich einen Menschen freundschaftlich umarme. Dann fühle ich mich mit allem verbunden. Und ich fühle alles durchströmt von Gottes kreativer Liebe. Es wird gut werden und ich kann dazu beitragen. Es wird gut werden, auch wenn ich nicht weiß wie.
Als Christus-Glaubende sind wir berufen, aus diesem Vertrauen auf Gottes kreative Liebe zu leben. Als Hoffnungs-Vorbilder, als Hoffnungs-Boten und als Hoffnungs-Aktivistinnen.